Forschungsprogramm: DDI – Digitale demokratische Innovationen

Das Forschungsprogramm unter der Leitung von Prof. Christoph Bieber erforscht in den nächsten fünf Jahren digitale, demokratische Innovationen.
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Das DDI-Team ist daran interessiert, wie sich die Demokratie in einer digitalen Gesellschaft verändert und wie man sie durch Digitalisierung fördern kann. Die empirischen Schwerpunkte des Programms liegen dabei auf den politischen und sozialen Effekten von Smart-City-Projekten. In einem zweiten empirischen Themenfeld befassen sich die Forscher:innen mit der Entwicklung und dem Einsatz von Online-Abstimmungen und -Wahlen.

Forschungsprogramm DDI

Wie verändern sich politische Entscheidungsfindung und gesellschaftliche Teilhabe unter den Bedingungen der Digitalisierung?

Wie verändern sich politische Entscheidungsfindung und gesellschaftliche Teilhabe unter den Bedingungen der Digitalisierung?

Digitales Wählen und Abstimmen

Das Forschungsprogramm Digitale Demokratische Innovationen wurde im Oktober 2021 eingerichtet und hat mit den Themen „Smart City“ und „Digitales Entscheiden“ zwei Arbeitsbereiche strukturiert, die in der Projektlaufzeit bis 2026 die wesentlichen empirischen Ankerpunkte der gemeinsamen Forschung darstellen. Zunächst stand dabei die Organisation der interdisziplinären Zusammenarbeit im Vordergrund – wie können Forschende aus so unterschiedlichen Feldern wie Architektur und Stadtplanung, Politikwissenschaft, Philosophie, Kommunikationswissenschaft und Psychologie sinnvoll kooperieren? Ausgehend von einer Bestandsaufnahme von Smart City-Projekten im Ruhrgebiet sind dabei erste Konferenzbeiträge und Publikationen entstanden, die sukzessive um internationale Perspektiven und praxisbezogene Einblicke erweitert werden.

Smart-City-Konzepte
im Ruhrgebiet

Prof. Dr. Christoph Bieber

Christoph Bieber

Leiter Forschungsprogramm DDI
christoph.bieber@cais-research.de

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Forschungsbereiche

Smart-City-Konzepte im Ruhrgebiet: Eine Bestandsaufnahme (2022)

Ganz praktisch lösen ließen sich diese Fragen bei der gemeinsamen Bestandsaufnahme von Smart-City-Projekten im Ruhrgebiet. Dabei haben die Forschenden zunächst Einzelportraits von elf Großstädten in der Region angefertigt und die Besonderheiten der jeweiligen Smart City-Konzepte herausgearbeitet. Bei der Sichtung des Materials hat sich gezeigt, dass jede Stadt nach ihren eigenen Schwerpunkten und Zielsetzungen handelt – eine konsistente öffentliche Diskussion über das „Ruhrgebiet als smarte Region“ gibt es derzeit nicht. Zudem existiert auch keine Übereinkunft darüber, was „Smart Cities“ nun eigentlich ausmacht. Bei der Erarbeitung von „Stadtportraits“ ließen sich mehrere „Themen“ oder „Narrative“ ableiten, die eine Akzentuierung der urbanen Modellprojekte anleiten: das sind zum Beispiel neue Formen von Bürgerbeteiligung, Experimente mit Künstlicher Intelligenz, „grüne Innovationen“ in der Smart City sowie daten-gestützte Mobilitätskonzepte. Ungeklärt bleiben jedoch wichtige Fragen hinsichtlich der politischen Verfahrensläufe und der Verantwortlichkeit in den Modellprojekten. Schließlich ist auch unklar, wie sich die verschiedenen Smart Cities im Ruhrgebiet zueinander verhalten – denkbar sind verschiedene Konstellationen, von der produktiven Kooperation über den direkten Wettkampf hin zum Ignorieren der benachbarten Projekte.

Und was geschieht anderswo? Das Beispiel Los Angeles (2022)

Parallel zur regionalen Bestandsaufnahme durch das Team hat sich Christoph Bieber im Sommer 2022 mit den Smart City-Aktivitäten in Los Angeles auseinandergesetzt. Dort gelten unter dem Motto „Technology for a better L.A.“ insbesondere die Olympischen Spiele von 2028 als Treiber für innovative, datenbasierte Projekte. Im Rahmen seines Aufenthaltes im Thomas Mann House in Pacific Palisades hat er jedoch festgestellt, dass viele der Entwicklungen (zum Beispiel eine einheitliche Datenplattform oder eine Strategie zur ethischen Datenverarbeitung) durch die COVID-19-Pandemie aufgehalten und verzögert wurden. Eine überraschend große Rolle spielten dagegen datenbasierte Projekte im Kampf gegen die „housing crisis“ in der kalifornischen Metropole. Beispielsweise wurde die Nutzung von Zuschüssen für Vermieter großflächig ausgewertet und mit der Entwicklung der Obdachlosenzahlen abgeglichen. Zudem wurden Empfänger von Unterstützungsleistungen auf der Grundlage algorithmischer Verfahren ermittelt. Ähnlich wie bei der Bestandsaufnahme im Ruhrgebiet zeigte sich dabei, dass produktive stadtpolitische Maßnahmen nur im bereichsübergreifenden Zusammenspiel von Behörden, Gremien, städtischen Betrieben und externen Dienstleister gelingen können.

Das zweite Themenfeld: Digitales Wählen und Abstimmen (2023/24)

Im zweiten Projektjahr hat sich der Fokus in Richtung „digitaler Entscheidungspraktiken“ verschoben. Eine gute Illustration dafür liefert die im Frühjahr 2023 durchgeführte Online-Sozialwahl. In einem experimentellen Rahmen kamen bei einzelnen Krankenversicherungen digitale Abstimmungsverfahren zum Einsatz. Dabei wurde deutlich, dass digital gestützte Wahlvorgänge in Deutschland einen schweren Stand haben. Im Nachgang zur COVID-19-Pandemie scheint sich allmählich ein innovationsfreundlicheres Klima einstellen, denn viele politische Akteure wie Parteien, Parlamente und auch Städte haben durchaus gute Erfahrungen mit digitalen Abstimmungswerkzeugen gemacht. Die zögerliche Entwicklung in Deutschland kontrastiert das DDI-Programm mit Untersuchungen zur Europawahl (Juni 2024) und den US-Präsidentschaftswahlen (November 2024). Dabei wird auch die aktuelle Debatte um den Einfluss von KI-Systemen auf Wahlen aufgegriffen.

Digitale Ratssysteme: Keimzelle für Online-Entscheidungsfindung? (2023/24)

Im Herbst 2023 hat das DDI-Team die Nutzung „Digitaler Ratssysteme“ in Nordrhein-Westfalen untersucht. Diese Software-Anwendungen helfen Kommunalverwaltungen dabei, die Abläufe im Umfeld von Gemeinderatssitzungen zu automatisieren und die anfallenden Dokumente digital zu verarbeiten. Die Bestandsaufnahme zur digitalen Ratsarbeit in 73 eigenständigen Kommunen macht deutlich: Die Nutzung digitaler Ratssysteme zur Verbesserung interner Verwaltungsprozesse ist zum Standard geworden, auch in kleineren Gemeinden und über alle Landesteile hinweg. Im Vordergrund steht dabei die digitale Bürgerinformation, obwohl die eingesetzten Software-Plattformen auch bereits anspruchsvollere Nutzungsformen wie hybride Sitzungen oder digitale Abstimmungsverfahren erlauben. Aufgrund sehr restriktiver Regelungen zum Einsatz digitaler Technologie bei politischen Wahlen zeigt die kommunale Verwaltung mögliche Entwicklungspfade zur Verwaltungsmodernisierung auf.

Reallabore als urbane Experimentierfelder (2022/2023)

Es ist Ziel des CAIS, Arbeitsprogramme mit Blick auf anwendungsorientierte Forschung zu organisieren. Hierzu hat sich das DDI-Team mit dem Format des „Reallabors“ auseinandergesetzt, das aktuell als vielversprechendes Modell zur technologiebezogenen Feldforschung gilt. Reallabore sind Experimentierräume, in denen Wissenschaftler:innen und Vertreter:innen aus der Praxis zusammenarbeiten – etwa im Rahmen von Projekten, die entlang konkreter Fragen und Problemlagen gemeinschaftlich entwickelt und umgesetzt werden. Das Forschungsprogramm „Digitale Demokratische Innovationen“ setzt hier auf Kooperationen mit der Smart City Innovation Unit der Stadt Bochum und der Stadtverwaltung Oberhausen.

Wie geht es weiter?

Nach einer erfolgreichen Probephase zum “Forschen im Reallabor” werden konkrete Projekte weiter ausgearbeitet. Die erfolgreiche Einwerbung von Drittmitteln in der Förderlinie „Transformationswissen für die Demokratie“ bei der Volkswagenstiftung erlaubt die Entwicklung neuer Formate zur Erforschung der Akzeptanz urbaner Innovationen. Außerdem begleitet das DDI-Team ausgewählte Städte beim Einsatz digitaler Informations- und Entscheidungssysteme bei der kommunalen Ratsarbeit.

Parallel zu den gemeinsamen Projektarbeiten verfolgen die beteiligten Team-Mitglieder ihre individuellen Qualifikationsprojekte. Erste Resultate der Arbeit an den Dissertations- und Habilitationsvorhaben werden kontinuierlich auf nationalen und internationalen Konferenzen vorgestellt. Zudem sind verschiedene Publikationen aus dem DDI-Zusammenhang veröffentlicht worden.

Im Jahr 2025 beteiligt sich das DDI-Team an der Organisation und Durchführung der internationalen CAIS-Konferenz, dabei ist die Umsetzung eines inhaltlichen Tracks entlang der Themen des Forschungsprogramms anvisiert.

 

Drittmittelfinanzierte Forschungsprojekte

Pop-Up Citizen Lab: Social Acceptance of Urban Innovations (2024/25)

Im Januar 2024 wurde im Rahmen der Förderlinie „Transformationswissen für die Demokratie“ ein auf 12 Monate ausgelegtes „Task Force“-Programm von der VolkswagenStiftung eingeworben. Gemeinsam mit der „Smart City Innovation Unit“ der Stadt Bochum als Praxispartnerin untersucht das DDI-Team dabei in einem experimentellen Setting, wie Bürger:innen die Einführung technischer Innovationen im städtischen Umfeld einschätzen. Als neuartiges Format werden dabei „Pop-Up Citizen Labs“ durchgeführt, bei denen Bürger:innen mit verschiedenen Szenarien konfrontiert werden, die eine Umsetzung von Smart City-Projekten simulieren. Dabei werden innovative Werkzeuge und Methoden eingesetzt und wichtige Daten zur Durchführung von kommunalen Beteiligungsprozessen generiert. Auf Grundlage dieser Erfahrungen lassen sich Handlungsempfehlungen entwickeln, die sowohl in der Stadt Bochum, wie auch im Rahmen weiterer Smart City-Projekte eingesetzt werden können.

Geplanter Projektstart ist der 1. April 2024, erste Resultate der „Task Force“ werden im November 2024 beim „Forum Transformationswissen über Demokratien im Wandel“ im Schloss Herrenhausen in Hannover vorgestellt.

Qualifikationsprojekte

Aktuelles

Das Team